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Écoutes la mélodie de ton cœur...

Stell dir vor... - Story Time

Stell dir vor, es ist früh morgens. Du stehst an der Straßenbahnhaltestelle und wartest auf deine Bahn, die dich in die Stadt zur Schule bringt. Es ist ein ungemütlicher, nebeliger Herbsttag und du frierst, weil du noch immer deine dünne Sommerjacke trägst, aus Protest gegenüber der kommenden Jahreszeit. Du hast deine Hände in den Hosentaschen versteckt und beobachtest einen jungen Mann neben dir, der wie wild auf sein Smartphone tippt und eine Mutter, die ihrem kleinen Sohn mit einem Dinosaurierturnbeutel in der Hand hinterherläuft.

Die Straßenbahn 16 kommt aus dem Morgengrauen langsam angefahren und der Mann steigt ein, ohne dabei den Blick von seinem Handy zu lösen, und die Bahn fährt weiter. Du stehst noch immer neben den Gleisen und wartest auf deine Bahn, die jetzt bereits einige Minuten Verspätung hat. Keine Menschenseele ist um diese Zeit unterwegs und du störst dich mal wieder an dem Gedanken, dass du in diesem kleinen Vorort wohnst, der immerzu am Schlafen ist, und scheinbar nie aufwacht. Ein Mann joggt erschöpft an dir vorbei, du lächelst ihn zur Begrüßung an - keine Reaktion. Wahrscheinlich hat er dich gar nicht wahrgenommen.

Als du auf die Uhr schaust, stellst du fest, dass die Straßenbahn nun schon ein gutes Stück zu spät dran ist. Wenn sie demnächst nicht kommt, wirst du zu spät kommen, was dich aber aufgrund des Physikunterrichts in der ersten Stunde nicht wahnsinnig stört. Nur ein heißer Kakao würde jetzt die eisige Kälte übertreffen, doch du stehst wie einer dieser laubarmen Bäume auf der gegenüberliegenden Straßenseite still im Wind und versuchst, den Kopf eingezogen, dich möglichst wenig zu bewegen.

Du vernimmst ein leises Klingeln in der Ferne und löst dich aus deiner eingefrorenen Position, indem du dich langsam umdrehst. In einiger Entfernung nimmst du ein buntes Gefährt war, welches dir noch nie in deinem Leben begegnet ist. Als es näher kommt, erkennst du, das es ebenfalls eine Art Straßenbahn ist, allerdings mit nur einem einzigen, winzigen Wagon und von außen mit bunten Farbtupfern befleckt, so bunt wie ein Malkasten. Die Wärme der Farben blendet dich beinahe, seit langem hast du nicht mehr so viel bunt auf einmal gesehen. Das Bild der kunterbunten Bahn, die durch die grauste, langweiligste, lebloseste Stadt, die du kennst, fährt, gefällt dir. Sie hält direkt vor deinen Füßen an.

Als die Tür aufgeht, lächelt dir der Fahrer ins Gesicht. Du wirfst einen Blick ins Innere und entdeckst Menschen, ganz viele Menschen. Jahrmarktgeruch strömt zu dir herüber. Zuckerwatte und gebrannte Mandeln. Irgendwo im hinteren Teil spielt fröhliche Musik. Du wunderst dich, wie so viele Menschen in einen einzigen Wagon passen. Überhaupt scheint der Wagen von innen viel größer zu sein als von außen, du siehst nicht einmal mehr das Ende. Die Menschen scheinen unglaublich glücklich zu sein, sie bewegen sich zur Musik und sind vollkommen abgetaucht. Ein kleiner Junge läuft lachend auf dich zu und drückt dir einen roten Luftballon in die Hand. Du begreifst nicht, was es mit dieser Bahn auf sich hat und überlegst, ob du nicht doch wieder aussteigen sollst, doch die allgemeine Freude in den Augen der ausgelassen tanzenden Menschen lässt dich wie angewurzelt stehen bleiben. Du wendest dich an den immer noch lächelnden Fahrer und in seinen Augen vernimmst du ein Funkeln, ein Leuchten, wie du es noch nie vernommen hast. Halten sie am alten Bahnhof?

Er schmunzelt. Diese Bahn fährt zu keinem alten Bahnhof. Wir fahren ins Glück, dorthin, wo alle Menschen glücklich sind, wo es keine Tränen gibt, wo man Menschen den ganzen Tag nur lachen hört. Wir fahren ins Land der Träume, dorthin, wo alles möglich ist und alles ganz einfach und unbeschwert.

Dir fällt es schwer, seinen Worten zu folgen.

Na, was ist jetzt, fragt er dich, fährst du mit uns?

photo by unsplash.com

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